Donnerstag, 6. September 2007

KEINE AHNUNG KEIN PROBLEM

Die vom mir am meisten missbilligten Redewendungen der organisierten klinischen Medizin, sind zugleich deren häufigste:
„KEINE AHNUNG (KA) - KEIN PROBLEM (KP) - ALLES KLAR (AK)!“.
Dr. Alfred Kunz, ein junger Assistenzarzt der Inneren Abteilung, gab schlagfertig selbst auf komplexe Fragen einfache positive Antworten nach dem Motto:
„Äußere dich stets positiv und du schaffst es!“
Wenn sein Chef wissen wollte, ob die Oberin auf der Station angerufen und nach ihm gefragt habe, räusperte sich Kunz und sagte :
„Ja-wohl, Chef !“ Dabei schlug er sich gegen die Brust.
Diese, wie fast alle seine Antworten waren vollkommen wertlos, weil er damit jeden Dialog beendete und schlimmer noch, weil er vergaß, aktuelle Nachrichten zu übermitteln oder wichtige Texte auch nur abzuspeichern. Bald hieß es im Haus:
„ Kunz ist ein kaputter Computer.“
Fragte der Chef ihn, ob die Zeitschrift „Der Internist“ eingetroffen sei, räusperte er sich dreimal und klopfte gleichzeitig gegen den ziemlich hohlen Thorax, um klar und deutlich „Ja-woll, Che-ef“ zu sagen.
„Danke, Herr Kollege Kunz, und wo befindet sich die Zeitschrift?“
„KA“, sagte Kunz, ohne rot zu werden oder
„Gestern lag sie noch in der Bibliothek,
„as far as I remember (AFAIR).“
Was den Inhalt seiner Botschaft betraf, hatte er den Status eines durchschnittlich kompetenten Mitarbeiters erreicht. Wenn die an ihn gerichtete Frage kein „Jawohl“ zuließ, schlug er sich nicht an die Brust, wozu er Grund genug gehabt hätte. Er redete nun auch ganz normal, ohne sich zu räuspern. Dr. Amberg hatte dies mit Erleichterung registriert, er versuchte nun, möglichst negativ formulierte Antworten zu erzielen, um sich nicht länger dem „Jawoll, Chef“, - Räuspertic und den dumpfen Klopfgeräuschen des Assistenten auszusetzen.

Fragte er ihn nun aber wohlüberlegt und vorsichtig, wie es nun einmal seine Art war, dabei keineswegs besonders suggestiv:
„Ich muss doch nicht befürchten, Herr Kollege, dass Sie meine Einladung zum Abendessen abschlagen?“,
konterte Dr. Kunz:
„Das ist kein Thema.“
„Wie bitte?“
„KP, Chef.“
„Wie?
„Kein Problem“
„Hm?“
„Alles klar!“

In den letzten Jahren wurden viele gezielt angesprochenen Probleme, aber auch jedes neue Konzept, das angeblich nicht existierte, durch kein Thema ersetzt, so dass, aus welchen Gründen auch immer, nichts zur Sprache kam. So folgte zum Beispiel auf Ambergs Frage: „Könnten sie am Mittwoch ein Referat über die Endorphine halten, lieber Herr Kollege Hinz?“
die bekannte negativ formulierte Antwort:
„Das ist kein Thema (KT) Chef!“
und Dr. Amberg, der sich nicht schnell genug auf die neue Umgangssprache umstellen konnte, wand sich unter Leib- Brust- und Kopfschmerzen, die allmählich auf seine Mimik übergriffen und die leicht gerötete Haut seiner Stirn und Wangen wie Altpapier zerknüllten.
„Von einem kompetenten ärztlichen Mitarbeiter,“ sagte Amberg höflich zu Kunz, der ebenso taktvoll schwieg, „wird nicht nur gefordert, dass er über abstraktes Wissen verfügt, vielmehr muss dieses Wissen erfolgreich zur Anwendung gebracht werden.“
Aber das war bei Kunz reine Glücksache.
Buch
Das Neuro-Buch kämpft gegen diesen Nonsens an, kurze Sätze, Informationen, gegen das Geschwätz in der Medizin.

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