Donnerstag, 25. Oktober 2007

HENNE HANNA

Hanna ist ein Superhuhn. Sie ist 99 Jahre alt, und kann nicht nur sprechen, sondern auch schreiben. Sie ist nämlich blitzgescheit. Und so faßt sie den mutigen Plan, ihre Schwestern aus den so genannten Legebatterien zu befreien. Mit von der Partie sind die Kinder Sebastian und Theresa sowie der Fuchs Bartholomäus. Vom Ausgang dieses Abenteuers, und davon, wo leider heutzutage die meisten Frühstückseier herkommen, erzählt diese Geschichte, die aufgenommen wurde in die Ehrenliste zum Österreichischen Kinder- und Jugendbuchpreis.


Der Vokalwechsel und die 99 entsprechen so ganz meinem Geschmack!

Mittwoch, 24. Oktober 2007

...

gelöscht

TRESOR

Tresor-20zu-20700Am nächsten Morgen gegen elf rief Frau Sommer, eine Verwaltungsangestellte, im Auftrag der Oberin an:
„Wir haben ein Problem mit dem Tresor. Können Sie uns helfen?“
Kraus stieg die Treppen hoch bis in die Verwaltung, stellte sich persönlich bei zwanzig bis dreißig Angestellten vor, die ihn im Kreis umstanden und setzte dann sein Stethoskop an den Geldschrank. Stetoskop
„Gott sei Dank!“ sagte Frau Sommer im Auftrag der Oberin, als sich die Stahltür nach drei Sekunden wieder öffnen ließ. Man bedankte sich bei dem Doktor nicht ausdrücklich für dessen Dienste; man dankte dem lieben Gott dafür. melsmetall-20700


Dr. Kraus hatte aber etwas gewonnen, was ein Arzt nur mit Hilfe eines Wunders erreichen kann, das nachhaltige Interesse der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und den Respekt der Verwaltung.

Dienstag, 23. Oktober 2007

EIN WUNDER

Das Wunder bestand darin, dass man in Bethanien glaubte, ein Arzt könne in drei Sekunden eine richtige Diagnose stellen. Am ersten Abend seiner klinischen Tätigkeit hielt sich Dr. Kraus an der Pforte auf, ohne ein bestimmtes Ziel im Auge zu haben. Herr Zerber, der Nachtpförtner, bot ihm ein Glas Bier an. Dr. Kraus sah zufällig, dass Zerbers Bindehaut gelblich verfärbt war. Er zog eine kleine Lupe aus der Tasche, die er immer bei sich trug, und bat den Pförtner, nach oben zu schauen.luxmag-lupe
„Was ich sehe“, sagte er, „ist eine Leberaffektion.“
Zerber verfärbte sich. Das Bier wurde schal, als er das Telefon bewegte. Er rief seine Frau und Kinder an und verbreitete darüber hinaus überall die Kunde von den magischen Fähigkeiten des neuen Chefarztes. Am nächsten Morgen hatte sich an der Pforte eine Schlange von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gebildet. Dr. Kraus wurde gerufen und gebeten, für die Damen und Herren augenblicklich verfügbar zu sein.
„Liebe Leute“, sagte der neue Chef, glaubt ja nicht, ich könnte Blitzdiagnosen stellen.“
„Was kostet denn ein Blick in die Augen?“ fragte die Stationshilfe Anja und legte den Kopf in den Nacken.
„Pardon, hier liegt ein Missverständnis vor. Ich bin kein Wunderdoktor und will auch kein Honorar.“
Eine etwas blasse Schreibkraft aus der Verwaltung zog – unaufgefordert - mit Daumen und Zeigefinger ihre Unterlider herunter. Dr. Kraus konnte nicht übersehen, dass die Augenbindehaut ebenfalls blass war.
„Anämie.“ sagte er ohne besondere Betonung.
„Ach du lieber Gott!“
„Kann bei Frauen ganz harmlos sein“, sagte Dr. Kraus.
Frau Bindseil, die kettenrauchende Pförtnerin wollte wissen:
„Habe ich Lungenkrebs? “
„Das kann kein Mensch bei Rauchern prima vista ausschließen oder belegen. Aber sie sehen vollkommen gesund aus.“
„So fühle ich mich auch, Herr Doktor, Gott sei Dank!“

Montag, 22. Oktober 2007

PROFESSOR

Während also Scharfschneider als Arzt merklich nachließ, strengte sich sein Patient Gregor immer mehr an, gesund zu werden. Er wollte später selbst einmal, wenn er groß war, ein guter und berühmter Arzt sein, weil er glaubte, dass auch ein Kranker den Kranken helfen könnte, wenn er nur erst einmal gelernt hätte, wie, ja aber wie nur?
„Nichts gegen den Pro-fess-or! sagte er zu seiner Mutter, die ihn ständig in der Klinik besuchte und sich über Scharfschneiders chronische Misserfolge beschwerte.
„Mama, was heißt eigentlich Professor? Wenn Pro für „für“ steht, wofür steht „Profess?“
„Professor bedeutet so viel wie Bekenner, Gregorchen, das ist aber keine Glaubensfrage wie das Gelübde der Ordensleute bei der Profess.“
„Also gut, dann ist der Scharfschneider ein Profi?“
„Ja, Gregor, einer, der sich öffentlich zu seinem Beruf bekennt. Er reist herum und hält viele Reden, um zu verkünden, dass der Arzt ein Helfer der Menschheit ist.“
„Kann ich auch ein Profi werden?“
Ihm sollte diese Frage nie wieder aus dem Kopf gehen.
„Natürlich, Gregor, aber werd du erst mal gesund!“
Auch diese Antwort blieb ihm unvergesslich. Gregor hatte sich nach der letzten erfolglosen Schönheitsoperation vorerst und wahrscheinlich endgültig gegen die chirurgische Fachrichtung entschieden. Im Visitengespräch mit Professor Scharfschneider schnappte er immerhin die brauchbare Bemerkung auf, jeder gute Arzt sei von Berufs wegen ein Menschenkenner und – augenzwinkernd - auch ein Frauenkenner. Nun wollte er selbst unbedingt ein solcher Arzt werden: Entweder ein verheirateter Landarzt mit Volkswagen, der unaufhörlich ratternd lief, auch wenn sein Motor spuckte, oder ein Chefarzt mit Villa und vielen Bediensteten, schwedischen Frauen wie Greta Garbo, Ingrid Bergmann, Zarah Leander und deutschen Autos wie DKW, Wanderer und Horch, Kraftfahrzeuge mit Holzvergasern, die sich unter der grünen Tarnfarbe des Zweiten Weltkriegs keineswegs wegduckten, sondern vor aller Welt demonstrierten, dass es in den Nachkriegsjahren immer weiter, mühsam und langsam zwar, doch letztlich wieder bergauf ging. Er wollte aber nie im Leben ein Professor mit Glatze, Brille und Schnurrbart werden, wie dieser sonderbare Scharfschneider.

Samstag, 20. Oktober 2007

Schlagfertig

Manchmal denke ich, dass man in dem Augenblick erst richtig lebt, in dem man nicht auf einen besseren wartet. Wenn ich einmal nicht schlagfertig und auch nicht ganz präsent bin, stört es mich natürlich, dass mir das Schlagwort erst eine halbe Stunde später einfällt. Und wenn ich mit jemandem zusammen auf eine Vernissage gehe, Bilder anschaue und ein Glas Wein trinke, sind die Eindrücke so unterschiedlich stark, dass ich erst eine Stunde später nachempfinde, wie schön der Abend war. Das gelebte Leben ist aber nie präsent, wenn ich es spüren will, wenn ich warte, lebe oder nachempfinde, so als sei die Gegenwart schon wieder vorbei und die Zukunft - wie immer - die Perpektive, das Ziel der Sehnsüchte, Erwartungen, Ängste. So kommt es, dass ich wie ein Fetischist die schönen Augenblicke betrachte, in meine Vorstellung zwinge, wenn alles vorbei ist, dabei helfen natürlich Worte und Fotos.
Man möchte mit dem alten Faust sagen: "Verweile doch, du bist so schön", denn man wird ja niemals klug und kann auch wirklich nichts festhalten, um es gleichzeitig mit den übrigen Eindrücken aus einer chaotischen Umwelt zu erleben.

Mittwoch, 17. Oktober 2007

ERDERWÄRMUNG

Als er wegen Gregor ins Grübeln geriet, plagten ihn wohl weniger aufkommende Selbstzweifel als die Erkenntnis, dass nun auch seine kunstvoll retuschierten Fehler für alle Welt durchsichtig geworden waren. Scharfschneider kam nicht mehr zur Ruhe, weil sich damals alles in der Klinik um deren Vertuschung und nichts um deren Vermeidung drehte. Als die schlimmsten der unkorrigierbaren Operationsresultate offensichtlich geworden waren, dauerte es nicht mehr lange, bis auch seine Chirurgentricks durchschaut wurden. Immer wieder war etwas schief gegangen. Dennoch schien das Lügen und Aufschneiden, das in der Medizingeschichte seinesgleichen suchte, kein Ende zu nehmen.
Die Krankenschwestern trugen ihm tagsüber die Lesebrille hinterher, die er schon morgens daheim in seinem Frack vergeblich gesucht hatte, und nahmen ihm übel, dass er ihnen bis in die Umkleideräume der Klinik nachstellte, um sie mit einem scharfen Schneidegerät zu bedrohen, das sie angeblich in der Vorwoche verlegt oder gestohlen hätten, ein Skalpell, das er bei einer gründlichen Kontrolle seines Kleiderschranks in seinem Smoking wieder gefunden hatte.

Kranke Kinder spüren manchmal besser als gesunde Erwachsene, wenn etwas bei ihren Ärzten nicht stimmt. So mochte alle Welt kurz nach dem Krieg über Scharfschneiders Ämter hinwegsehen, die er neben dem Ritterkreuz und dem Nationalpreis erworben hatte: Sanitätsrat, Geheimrat, Staatsrat, Reichsforschungsrat im Rang eines Admiralarztes. Aber jedes Kind wusste, dass Scharfschneider der einflussreichste deutsche Mediziner in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts war, ein Professor, der in einem Brief „An die Ärzteschaft der Welt“ mit seinem Bekenntnis zum NS-System auch zum globalen Ausstoß lebensgefährlicher Emissionen und damit zur nationalsozialistischen Erderwärmung beitrug.

Dienstag, 16. Oktober 2007

CHIRURGIE DAMALS

Ferdinand_Sauerbruch>Professor Dr. Friedrich Scharfschneider, ein hervorragender Chirurg, war derart berühmt geworden, dass er sich in den Augen der Welt schon zu Lebzeiten als historische Persönlichkeit darstellte. Drei weitere Gestalten der Medizingeschichte vereinigte er spirituell in einer Person: Galen, Paracelsus und Hippokrates. Man feierte Scharfschneider diesseits und jenseits der Jahrtausendwende wie einen Säulenheiligen, besonders weil seine verfilmte Autobiographie „Das war mein Streben“ posthum die positiven Seiten eines Arztes zeigte, der mit goldenen Händen, Herz und Humor, zwanzig Jahre lang erfolgreich an der Charité in der Reichshauptstadt gewirkt und sogar im Notfall Hunde operiert hatte, was ihm die Menschen des 20. Jahrhunderts niemals vergessen werden. Aufgrund seiner Verdienste hob man ihn derart in den Himmel, dass sogar ein Asteroid auf den Namen „Scharfschneider“ getauft wurde. Sauerfilm

Gregor Amberg musste nicht wie alle Welt eigens durch ein Zeichen des Himmels an diesen Scharfschneider erinnert werden. Wegen der wuchernden Operationsnarben dachte er zeitlebens, täglich und zuweilen sogar stündlich, an ihn. Im Lauf der letzten Jahre hatte er sich auf den großväterlich wirkenden Professor eingespielt. Er war ihm persönlich dankbar für jede präoperative Ermunterung und postoperative Limonade, für Lob und Tadel, weil er vaterlos aufwuchs und Mutter Martina seine kindlichen Wünsche und Fehler einfach nicht korrigieren konnte.
Der Professor wurde schon wegen seines sonderbaren Familiennamens von den Berliner Kindern „Knochenbrecher“ oder einfach „Gurke“ genannt. Kinder können gewiss ungerecht und brutal sein.
Professor Scharfschneider behandelte jeden Hauch von Kritik an seiner Klinik wie infektiöses Material, das in seiner Umgebung nicht vorzukommen hatte. Beißender Karbolgeruch bestimmte die sterile OP-Atmosphäre, während er die Aufsicht über das Personal mit bissigen Bemerkungen und der Kunst eines Messerwerfers ausübte.

Montag, 15. Oktober 2007

ARZTROMANE

Nun waren auf meinen Wunsch alle Zeitschriftenständer für die Regenbogenpresse gegen Bücherregale ausgewechselt worden, folglich wurden - auch wieder zum Ärger der Patienten - die dünnen Hefte der Arztromane aus der Klinik verbannt. Diese restriktive Maßnahme bot allerdings auch einen großen Vorteil. Denn nun ließen sich die Ärzte bei der Visite nicht mehr so leicht auf die Verhaltensnormen eines Romanhelden festlegen; sie konnten sich ganz sachlich und natürlich mit den Kranken verständigen. Aus dem Blickwinkel der Patienten schienen auch die Pflegekräfte gar nicht mehr so einfältig, anmutig und demütig dreinzuschauen wie ihre Vorbilder, die aus weiten Pupillen zu den Leitenden Ärzten aufzublicken pflegten.
Ich hatte registriert, dass die Mediziner in Klinik und Praxis sogar noch im ersten Jahrzehnt des dritten Jahrtausend n. Chr. wie verkleinerte Kopien von
Friedrich Scharfschneider, dem berühmten Berliner Chirurgen, von
Axel Munthes blindem Arzt auf Capri oder von
Albert Schweitzer, dem Urwalddoktor, vielleicht auch noch von
Johann Andreas Eysenbarth, dem Erfurter Wanderarzt, angesehen wurden. Ohne Übertreibung gesagt, wurden die postmodernen Äskulapjünger wie die alten Originale verehrt. Kein Wunder, dass die Arztrolle so oft von prominenten Schauspielern verkörpert, und im Film, authentisch wie in der klinischen Wirklichkeit, mit romantischen Abenteurern und sogar manchmal mit Hochstaplern besetzt wurde. Selbst der makellose Schriftsteller Karl May, der als Kind unter einer psychogenen Blindheit und zeitlebens unter einer Pseudologia phantastica litt, die ihn allerdings befähigte, im 19. Jahrhundert fiktive Handlungen und Personen sowohl mit der Realität als auch mit seinen Utopien zu vereinbaren, hatte sich einen Doktortitel angedichtet und eine recht überzeugende Rolle als Augenarzt gespielt, bevor er mit der Schilderung seiner imaginären Reisen durch den Wilden Westen weltweit zum Idol der lesenden Jugend wurde. Welch ein Massenphänomen der Phantasie und Pseudologie! Die akademische Leserschaft interessierte sich zwar mehr für Romanfiguren seriöser Schriftsteller wie
Dr. Bovary von Gustave Flaubert,
Dr. Gion von Hans Carossa,
Dr. Rönne von Gottfried Benn und
Dr. Schiwago von Boris Pasternak. Wie wurde aber der normale Klinik- und Hausarzt von den Laien eingeschätzt? Ich fand keinen Unterschied zu den Romanhelden der schönen Literatur. Generell galt der Arzt in allen Bildungsschichten nicht als real existierendes, menschliches Wesen. Woran mochte dies liegen? An Hollywood? An den unzähligen TV-Serien? An den Arztromanen? Oder am Ärztestand selbst? Eine erfahrene Kollegin hatte festgestellt, dass sich die renommierten Vorbilder nicht immer vollkommen identisch mit der in der klinischen Wirklichkeit vorherrschenden Schablone deckten. Die belletristische Hauptfigur, dieser unsterbliche Dr. Norden, war viele Jahrzehnte lang in den Fortsetzungsromanen von Patricia Vanderberg tätig und damit auch in der unmittelbaren Anschauung der Patienten pausenlos präsent gewesen. Dieser Arzt agierte und ackerte, aber er alterte nicht! Der Protagonist, der seine Schöpferin inzwischen überlebt hatte, war nicht mehr den Sterblichen zuzuordnen. Dies galt allerdings auch noch für einige seiner Doppelgänger in Klinik und Praxis.

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